Dienstag, Mai 23, 2006

Omnibus des Todes?

Es gibt einen aktuellen Song der Bend Element of Crime, welcher da heißt "Straßenbahn des Todes". Als ich heute mit dem Stadtbus in Richtung Zentrum gefahren bin, um meinen Bildungsstand wieder einmal etwas aufzufrischen, schallte mir eben dieser Song aus meinem Player entgegen. Dabei kam mir mal wieder der eine oder andere Gedanke zu einem gewissen Szenario in den Sinn, das bei mir schon seit längerer Zeit je nach Laune manchmal ein Lächeln, manchmal aber auch das Bedürfnis zum Erbrechen hervorruft. Letztendlich sind die Vorgänge dafür verantwortlich, dass inzwischen bei den Fahrten mit dem Omnibus, die nie länger als 17 Minuten dauern, regelmäßig mein Player zum Einsatz kommt. Aber fangen wir erst einmal von vorne an.
Es ist 7 oder 8 Uhr morgens, vielleicht auch früher. Der Tag hat gerade erst begonnen. Du bist ohnehin schon spät dran und mehr als eine Tasse Koffein ist nicht mehr drin. Gerade noch rechtzeitig bekommst du den Öffentlichen, der dich zum Ort des grauen Alltags bringt; evtl. hat er 5 Minuten Verspätung oder ist wieder einmal überpünktlich abgefahren. Leicht genervt erkämpfst du dir einen Sitzplatz, machst es dir bequem und los geht's mit immer demselben Ritual.
Der Bus, die Bahn, whatever...ist bereits überfüllt mit verschiedensten Menschen; an sich etwas vollkommen Normales. Da ist der Schüler, der Berufstätige/Student, der Rentner...von Allem etwas dabei. Wenn menschen aufeinandertreffen, entstehen zwangsläufig Konversationen, ob man sich nun flüchtig kennt oder noch nie gesehen hat....an sich nicht zu beanstanden. Schön wäre es dann allerdings doch, wenn diese einen gewissen Sinn ergeben würden. Ich erwarte ja nicht die Planung einer Revolution, auch wenn dieses alltägliche Nirvana aus verschiedensten Menschen sicherlich eine gute Grundlage hierfür bieten würde. Aber das, was mir hier mermals am Tag geboten wird, ist zu manchen Zeiten vom Störfaktor her vergleichbar mit einem Fernsehauftritt von Angela Merkel, mit dem Unterschied, dass man sich mitten im Geschehen befindet, der Ausschaltknopf einfach nicht zu finden ist und man mögliche Wutausbrüche der guten Sitten wegen besser unterdrücken sollte: Der Schüler demonstriert einem Mitstreiter gerade mal wieder seine neuen, für teuer Geld erworbenen Klingeltöne, Angehörige der Gruppe Nr.2 informieren darüber, wie beschissen es ihnen gerade geht, was sie noch alles so zu tun haben (für eigene Vorhaben Motivation pur!) und das man am Lauf der Dinge ja sowieso nichts verändern kann. Mit letzterem Statement, gemischt mit einer ordentlichen Portion verschiedenster Wehklagen, fahren dann schließlich die Dienstältesten auf. Sie erregen jedoch besonders an Sonntagen die Aufmerksamkeit des analytischen Betrachters, wenn dieser z.B. gerade zwecks der körperlichen Ertüchtigung in Richtung Fitnesscenter unterwegs ist. Dann pilgern sie wieder massenweise zum Friedhof hin und philosophieren allwöchentlich darüber, warum nur jede Stunde ein Bus dorthin bereitgestellt wird...ein Omnibus des Todes?

Das alles wäre noch akzeptabel, wenn man konstatieren könnte: Gut, die haben ihren Spaß, das ist halt Erfahrungsaustausch auf unterster Ebene, aber Jeder interessiert sich für den Anderen. Ich muss jedoch nicht ausführen, dass dem nicht so ist, dass es sich meist um sehr oberflächliche Vorgänge handelt und dass die Akteure sich weder für ihre Mitstreiter noch für sonstige Vorgänge in ihrer Umwelt interessieren, egal ob draußen die Laiche einer Taube zu finden ist oder sich sonst irgend etwas Ungewöhnliches abspielt. Jeder ist mit seinen eigenen Problemen beschäftigt. Wohl gemerkt: Ich beobachte das hier in einer Kleinstadt und möchte gar nicht wissen, wie das Theater in der Hardcore-Version aussieht, auch wenn mir das wohl längerfristig nicht erspart bleiben wird.

Nun weiß der aufmerksame Leser, warum ich mir inzwischen selbst kürzere Fahrten durch mein persönliches Musikprogramm angenehmer gestalte.

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